Veröffentlichung

Artikel: Betriebliches Gesundheitsmanagmenet - warum es sich lohnt
im Monatsheft des Arbeitskreis Wirtschaft, Oktober 2011

Seit nunmehr 30 Jahren wächst die Idee, in Unternehmen Angebote zur Gesundheitspflege der MitarbeiterInnen durchzuführen. Dies kommt nicht nur ihnen zugute, sondern auch die Unternehmen profitieren davon. Meist denken Entscheidungsträger dabei zunächst an  die klassischen Maßnahmen der Gesundheitsförderung, wie Rückenschule, Herz-Kreislauftraining oder Stressbewältigungskurse, wie auch an Maßnahmen des Arbeitsschutzes. Das Betriebliche Gesundheitsmanagement bietet jedoch mehr: Themen wie Standortvorteil, Motivation und Engagement der Mitarbeiter, Fachkräftenachwuchs oder ressourcenorientierte Einbindung älter werdender Mitarbeiter, Fehlzeitenreduzierung und Senkung von Krankheitskosten werden ebenso erfolgreich behandelt.


Im Saarland hat sich während des ersten Halbjahres 2011 das reale Wirtschaftswachstum auf 4,8 Prozent geseigert und die Tendenz sehen die meisten Unternehmen als stabil an. Diese Situation gibt Zeit, sich um weitere stabilitätsrelevante Voraussetzungen, wie die langfristige Sicherung der Arbeitskräfte und deren Engagement für das Unternehmen zu kümmern. Wir wissen, dass die verantwortungsvolle Einbindung des einzelnen Mitarbeiters Innovation für das Unternehmen fördert und dass dieser sich über die so entstehende Wertschätzung stärker engagiert und „seinem“ Betrieb loyal verbunden ist. Eine besondere Bedeutung kommt seinem individuellen Wohlempfinden – auf körperlicher, seelischer und geistiger Ebene – zu. Dies entspricht der Definition der WHO, wonach Gesundheit „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ ist.


Aussagen von Spitzensportlern über Überlastungssituationen regen zum Nachdenken an, ebenso wie Berichte in Medien, wie z.B. in „Die Zeit“ im April diesen Jahres: „Immer mehr Arbeitnehmer in Deutschland leiden an psychischen Erkrankungen und können deshalb nicht arbeiten: 2010 war fast jeder zehnte Fehltag darauf zurückzuführen, ein Anstieg von rund 80 Prozent gegenüber 1999.“  Der Bundesverband der Betriebskrankenkassen belegt in seinem Gesundheitsreport 2010, dass die Ausfallzeiten – besonders im Hinblick auf die älter werdende Belegschaft – im Fall einer Erkrankung länger dauern. Dabei sind es nicht nur die psychischen Erkrankungen, sondern auch solche im Bereich des Skelett-, Muskel-  und Herz-Kreislaufsystems, die in den letzten Jahre wieder einen Aufwärtstrend erfahren. Hier zeigen sich Spitzen einer Entwicklung, der wir frühzeitig begegnen müssen – und können.

Wie evaluationsbasierte Ergebnisse zeigen, verbessern sich mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement das Engagement und die Loyalität der MitarbeiterInnen und sowohl Fehlzeiten als auch Krankheitskosten verringern sich. Dabei hat sich ein „Return of Investment“ von 1:2,5 bis 1:10 ergeben. Das Ergebnis findet sich nicht nur in größeren Unternehmen, sondern taucht auch in kleinen und mittleren Betrieben auf.


Bei dieser Erfolgsbilanz lohnt es sich, etwas genauer hinzusehen, worauf zu achten ist, wer dies tun kann und mit welchen Aufwand zu rechnen ist.


Anbieter

Freie Anbieter stehen mit unterschiedlicher Qualifikation und Erfahrung den Unternehmen sowohl für die Beratung als auch für die Durchführung zur Verfügung. Zum Teil arbeiten sie vernetzt mit den Gesetzlichen Krankenkassen und Versicherern zusammen. Neben der Ausbildungsqualität ist besonders die vorhandene Erfahrung zu prüfen.

 Die Gesetzlichen Krankenkassen haben im Bereich des Betrieblichen Gesundheitsmanagements eigene Modelle entwickelt und bieten Beratung und Unterstützung an. Grundlage ihres Engagements ist der § 20 SGB. Danach haben die unterschiedlichen Kassen ihr eigenes Angebot entwickelt und optimieren es gemäß dem Bedarf in den Unternehmen.


Berufsgenossenschaften und Unfallkassen bieten ebenfalls verstärkt Seminare und Beratung an. Traditionell steht hier der Arbeitsschutz im Mittelpunkt, wobei Maßnahmen zur Gesundheitsförderung in den letzten Jahren zunehmen.

Damit existiert für die UnternehmerInnen eine fast unüberschaubare Vielzahl nicht nur von Gesetzten und Richtlinien, sondern auch von Angeboten und Anbietern. Bei den laufenden Geschäften bleibt (fast) keine Zeit, nach einem passenden Angebot zu suchen. Hier liegt der Grund, warum vorwiegend größere Unternehmen sich dem Thema gewidmet haben. Vor allem kleine und mittlere Betriebe sehen noch nicht immer den Vorteil, der ihnen aus dem „weichen“ Thema Gesundheitsmanagement erwachsen könnte.

Leitfaden Betriebliches Gesundheitsmanagement

Vorüberlegung und Analysen

Am Anfang einer Maßnahme steht eine gründliche Analyse, da Bedarf und Zielvorstellungen sehr unterschiedlich sein können.


Instrumente, die herangezogen werden können, sind die Gefährdungsbeurteilung (Arbeitsschutz), Fehlzeiten-Analysen, Gesundheitsbericht der Krankenkasse(n), biometrische Daten, Arbeitsplatzbegehung, Gesundheitszirkel, Workshops, und Mitarbeiterbefragungen.


Besonders die Kombination von Fehlzeiten-Analysen, Gesundheitsbericht der Krankenkasse(n), Arbeitsplatzbegehung und Mitarbeiterbefragungen hat sich für den Einstieg als wirkungsvoll erwiesen.


Nach ersten Überlegungen mit den Entscheidungsträgern gehört es mittlerweile zum Standard, das Wissen der MitarbeiterInnen für das Aufzeigen von Problembereichen und die Lösungserarbeitung mit ein zu beziehen. Dies geschieht über einen Gesundheitszirkel. Er wird von einem externen Moderator geführt, damit die Offenheit der Mitarbeiter bei eventuellen schwierigen innerbetrieblichen Situationen gewährleistet werden kann.


Durchführung von Maßnahmen

Im Anschluss werden Maßnahmen individuell und zielgerichtet geplant und effizient umgesetzt. Unterschieden werden die Verhältnis-, die Verhaltens- und die Systemprävention. Unter Verhältnisprävention versteht man gesunde Arbeitsbedingungen. Verbesserungen der Ergonomie am Arbeitsplatz oder der Arbeitsorganisation. Die Verhaltensprävention betrifft die gesunde Selbst-Steuerung von Einzelpersonen. Wirbelsäulenkurse, Stressbewältigungstraining, Grippeschutzimpfungen oder Sucht-Beratung sind hier beispielhaft zu nennen.


Die Systemprävention zielt auf ein "gesundes Miteinander" in der Zusammenarbeit, in der Hierarchie und im Gesamtunternehmen.  Altersgemischte Gruppen, Betriebsvereinbarung Mobbing oder Führungstraining können Maßnahmen sein.

Langfristige, eigenständige Beibehaltung des Gesundheitsmanagements

Langfristiges Ziel ist es, das Gesundheitsmanagement als wichtigen Teil der Unternehmenskultur fest im Alltag zu integrieren, etwa mit dem Instrument des Arbeitskreises Gesundheit. Erfolgsvoraussetzungen sind eine umfassende Beratung und kompetente Begleitung des Anbieters auf der einen Seite und die Bereitschaft zur Umsetzung durch die Entscheidungsträger des Unternehmens auf der anderen Seite, sowie ein transparenter Informationsfluss für alle Beteiligten. Die Erfolge des Gesundheitsmanagements können und sollten über eine Evaluation aufgezeigt werden.

Aufwand

Je nachdem, wie umfangreich Sie die Analyse gestalten wollen, rechnen Sie mit einem zeitlichen Umfang von ca. einem Monat (Fehlzeitenanalyse und Mitarbeiterbefragung) bis hin zu ca. 4 Monaten (Gesundheitszirkel). Hinzu kommt die Zeit für den Entscheidungsprozess.


Kursmaßnahmen reichen von ca. 8 bis 10 Wochen, Arbeitsplatzprogramme sollten über einen Zeitraum von etwa 3 Monaten angelegt sein. Je nach Anzahl der MitarbeiterInnen sind mehrere Maßnahmen durchzuführen. Sie können nacheinander oder parallel umgesetzt werden. Die Bedingungen im Unternehmen sind dafür entscheidend und eine genaue Planung ist nötig.


Einzelmaßnahmen haben ihren Vorteil, reichen erfahrungsgemäß jedoch nicht aus, eine langanhaltende Veränderung im Verhalten herbei zu führen. Der Transfer in den Alltag sollte ebenso wie der Aufbau von Strukturen zur regelmäßigen Pflege der Gesundheit geplant werden.


Mit Betrieblichem Gesundheitsmanagement beginnen Sie einen Prozess, der als fester Bestandteil in die Firmenkultur integriert werden sollte. Die anfänglichen Bemühungen zur Planung und Umsetzung von Maßnahmen erfordern Engagement und z.T. Überzeugungsarbeit. Der zeitliche Aufwand  in dieser Zeit ist erhöht, lohnt sich jedoch, wie o.a. Untersuchungen ergeben haben. Für die dauerhafte Umsetzung sind Treffen des Arbeitskreises Gesundheit und regelmäßige Maßnahmen einzuplanen.


Der finanzielle Bedarf richtet sich nach dem Umfang von Beratung und Umsetzung von Maßnahmen. Freie Anbieter haben in der Regel Festpreise, die – je nach Zertifizierung von den Krankenkassen – von diesen z.T. mitgetragen oder erstattet werden können. Die Angebote von Krankenkassen sind unterschiedlich. Meist sind es eigene Programme zur Umsetzung  von Betrieblicher Gesundheitsförderung, deren Kosten komplett oder zum Teil übernommen werden können, seltener zu finden sind  Beratung und Durchführung von Betrieblichem Gesundheitsmanagement mit unterschiedlicher Beteiligung bei den Kosten.


Ab 2008 bleiben Leistungen des Arbeitgebers zur Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes und der betrieblichen Gesundheitsförderung bis zu 500 EUR pro Mitarbeiter und Jahr steuer- und sozialversicherungsfrei (§ 3 Nr. 34 EStG; § 52 Abs. 4c EStG).


Nach einer Erstberatung und Angebotserstellung haben Sie genauere Vorstellungen zur Umsetzung und Übersicht zu Kosten und Aufwand. Für diese Leistungen müssen Sie nach etwas Vorbereitung etwa eine Stunde Zeit aufwenden.